Fernreise in die weite Welt öffnen den Horizon für neue Erfahrungen. Es gibt kaum eine angenehmere Art und Weise die eigene Lebensweise zu kontextualisieren und zu vergleichen. So stand ich in Saudi-Arabien staunend vor einer klimatisierten Bushaltestelle und vor Strandbänden mit USB-Stromversorgung. An diesen Stellen wunderte ich mich, wie weit entwickelt sogenannte Schwellenländer im Vergleich zu unserer Heimat sind. In Schwarzafrika hingegen habe ich oft das Gefühl, mich nützlich machen zu wollen und zu helfen. Hier kann noch kleines Geld Großes bewirken und das Leben vieler Betroffener positiv beeinflussen.
Wie erwähnt ist für mich die Grundlage erfolgreicher Entwicklungsarbeit vor Ort die Fähigkeit, mehrmals im Jahr vor Ort zu sein. Zu allen, hier vorgeschlagenen Partner existiert eine langjährige Freundschaft. In vielen, klein anfangenden und schließlich immer größer werdenden Kooperationen wurde das Vertrauen der Partner getestet und gefestigt. An ihrer Loyalität besteht kein Zweifel. Insofern beschränkt sich die Anzahl der vorgeschlagenen Länder auf die Frage, ob solch ein langjähriger Partner vorhanden ist.
Hinzu kommt die Fähigkeit, mindestens einmal jährlich – besser aber mehrfach im Jahr – vor Ort zu sein, um sich ein Bild von der Lage zu machen; um zu sehen, ob alles in Ordnung ist; um bei Bedarf Richtungskorrekturen vornehmen zu können. Aus diesem Grund biete ich im Moment Kooperationen in Äthiopien, Madagaskar und Mauretanien an.
Besuch Schulkassen: Bei Fernreisen verfolge ich als Reiseleiter gewöhnlich den Ansatz, die Gäste mit den Bereisten in Kontakt zu bringen. Neben den zahlreichen persönlichen und unmittelbaren Kontakten versuche ich gewöhnlich, Schulen oder karitative Einrichtungen zu besuchen. Um nicht mit leeren Händen dazustehen, kauft unsere Reisegruppe vorher Hefte und Schreibstifte, die wir dann in der besuchten Klasse als Gastgeschenk zu verteilen. Durch den spezifischen Rahmen werden die Kinder so auch nicht zum Betteln animiert, was meine Gäste gewöhnlich als störend empfinden.
Gespräche: Um die Erfahrung zu ergänzen, habe ich ein weiteres Begegnungsformat praktiziert. Ich versuche einen Gesprächspartner zu gewinnen, der sich – für eine Aufwandsentschädigung – eine Stunde lang zu uns gesellt und für Fragen zur Verfügung steht. Weil das Gespräch moderiert ist, wird auch der kulturell akzeptable Rahmen gewahrt. Die Gesprächspartner sind oft Spezialisten: so z.B. der Dattelbauer in der Sahara, der Kapitän einer arabischen Dhow (Segelboot) an der Küste oder der Reisbauer in Madagaskar. Oder es sind subordinierte Mitglieder ihrer Gesellschaft: Frauen in der islamischen Welt (Saudi-Arabien), ehemalige Sklaven in hochstratifizierten Gesellschaften (Sudan, Mauretanien) oder Mitglieder von Stammesgesellschaften.
Meine Reisegäste sind oft weltgewandte und lebenserfahrene Persönlichkeiten. In vielen Fragen und Gesprächen spüre ich trotz der großen Skepsis eine grundsätzliche Bereitschaft zum Helfen. So schwang bei bei meinen Gesprächen mit den Fernreisegästen oft Skepsis mit hinsichlich der Verwendung der Gelder. Und tatsächlich versichert im NGO-Milieu noch viel zu viel Geld. Ich erinnere mich an ein Waisenheim in Aksum/Tigray, was meine Reisegruppen 2012 besuchten. Wir konnten unseren Augen gar nicht glauben, als wir den Gegensatz zwischen der kärglichen Unterbringung der Waisenkinder und der pompösen Ausstattung des Direktorenbüros bemerkten. Auch die Chefin eines Waisenheimes in Gondar/Amhara erntete ungläubige Blicke, als die tiervernarrte englische Krankenschwester mit Begeisterung erzählte, wieviel Geld sie zur Rettung eines einzelnen Esels ausgegeben hatte.
Helfen erfüllt auf Fernreisen wesentliche Funktionen. Es schafft positive Verbindungen zwischen zwei Personen, die in getrennten Welten zuhause sind. Es leistet einen Ausgleich zur einer Globalsierung, welche den wohlhabenden mehr Wohlstand und den Mächtigen mehr Macht verschafft. Es leistet einen konkreten Beitrag, bestehendes Elend zu lindern. Und nicht zuletzt ist es auch gut gegen das eigene schlechte Gewissen, was sich von Zeit zu Zeit meldet und fragt, was man denn selbst gegen das Elend dieser Welt unternimmt.
Mein Ansatz: die Kooperation mit lokalen Touristenführern: Ein national guide fährt gewöhlich viele Male im Jahr eine Standartstrecke, die ihn immer wieder in Verbindung zwischen abgelegenen, ärmlichen Gebieten, größeren Städten und der Hauptstadt bringt. Er reist gewöhnlich mit robusten Fahrzeugen, die auch ohne Probleme Materialien wie Schulhefte, Stifte aber auch Baumaterialien wie Zementsäcke transportieren können. Da es sich um einen guten Zweck handelt, wird der Transport lach der lokal vorherrschenden kulturellen Logik kostenlos übernommen. Durch seine Funktion als Vermittler zwischen den „reichen“ Touristen und den Einheimischen in kärglicher Lebensweise stellt er gewöhnlich für die armen Landbewohner eine Vertrauensperson dar, deren Wohlwollen (z.B. durch Vertrauensbrüche) nicht gefährdet werden sollte.
Der deutsche Reisebegleiter bereist ein bestimmtes Land gewöhnlich mehrere Male im Jahr. Er fährt im gleichen Auto wie der national guide und baut so gewöhnlich ein intensives Vertrauensverhältnis auf. Gleichzeitig kennt er die Bedürfnisse der Reisegäste, ihre Sorgen und Bedenken beim Umsetzen eines Hilfsprojektes. Er kann durch seine Reiseerfahrung auch zwischen den verschiedenen Stufen der Bedürftigkeit unterscheiden. So „jammerte“ mir einmal in Betlehem die Direktorin eines mustergültig ausgestatteten Hilfsprojektes vor, daß ihr Gehalt „nur“ dazu reicht, ihre Kinder in die staatliche Grundschule (und nicht in die prestigeträchtigere Privatschule) zu schicken. Solche m.E. abgehobene Anspruchshaltung wird von mir an dieser Stelle nicht unterstützt.
Mein Ansatz/ Vertrauen: In meinem Hilfsangebot versuche ich eine minimale Struktur aufzubauen: Keine NGO-Struktur, keine Verwaltungskosten, keine hauptamtlichen Mitarbeiter, keine teuren Autos, kein Büro. Da ich im Tourismus arbeite, habe ich in jedem Land einen national guide, der durch langjährige berufliche Tätigkeit und intensive Zusammenarbeit mit mir mein volles Vertrauen besitzt. Dieses Vertrauen wird bei vielen kleinen Interaktionen getestet, bestätigt und bewiesen. Dort wo dies nicht der Fall ist, biete ich in dem betroffenem Land kein Hilfsprojekt an.